Es gibt Tage, da will man einfach unsichtbar sein (weil man scheiße aussieht oder sich zumindest so fühlt), und dahin führen zwei Wege: Entweder man bestellt bei Manufaktum eine chicke Tarnkappe aus Lammfell – oder man tarnt sich effektiv wie ein Frosch. Der allerdings auch scheiße aussieht (siehe Bild rechts oben).
Die zwei Kunstudentinnen Yvonne Bayer und Sabina Keric von der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe kennen solche Tage wohl und haben für ein Projekt ziemlich charmante Tarnanzüge für den örtlichen Super- oder Möbelmarkt gebaut:

Und gute Videos von ihrem Einsatz gedreht:
Mehr über den wahren (künstlerischen) Sinn dieser Aktion in einem Interview beim Spreeblick. Von mir nur so viel dazu: Die angeprangerte “fortschleichende Militarisierung der Zivilgesellschaft, auch und vor allem in der Bekleidungsindustrie”, halte ich erstens für eine falsche Formulierung (es dürfte höchstens “Uniformierung” heißen, Waffen und Gewalt habe ich in der Zivilgesellschaft in letzter Zeit eher selten beobachten müssen, Winnenden mal ausgenommen). Zweitens für eine typisch kulturpessimistische Beobachtung, die die wirtschaftlichen Hintergründe außer acht lässt. Es sieht ja meistens alles gleich aus, weil es gleich und in großen Mengen produziert wird, es dadurch billiger wird und mehr Menschen es sich leisten können, der durchschnittliche Lebensstandard also steigt und alle in Frieden leben bis ans Ende aller Tage und so.
Genug davon, ich zeige lieber noch ein Video vom Karton-Monster:


4 comments
Schwegi says:
Mrz 28, 2009
Wobei ja auch die Frage nach der “Uniformierung” sich insofern stellt, da ja der Individualismus ganz oben in der Prioritätenliste der (meist wohl jüngeren) Bevölkerung steht. Bloß nicht so sein, wie der Rest der Meute…
Beim Kartonagenmonster muss man auf jeden Fall auch auf die Hintergrundmusik achten, diese unterstreicht die tragische Art des schwerfällig schlurfenden Verpackungswesen “Who’s gonna pay attention”
Fred says:
Mrz 28, 2009
Aber wenn alle “anders” sind, sind alle wieder “gleich”. Heute bleiben Subkulturen und Nischenphänomene eben viel kürzer unbekannt, da sofort Medienpräsenz hergestellt und dann kopiert werden kann. Und zack, ist Mainstream, was gestern noch keiner kannte.
Von einer “Uniformierung” zwischen 14 und 18 kann man wohl schon sprechen, siehe Chucks, Röhrenjeans und Pali-Tücher.
KRIZ says:
Mrz 29, 2009
Der Wunsch nach Individualität ist aber bei weitem nicht so verbreitet wie angenommen. Der Mut, im besten Fall völlig allein mit einem Look zu sein, ist bei den wenigsten Heranwachsenden vorhanden. Vielmehr liegt die Motivation, mal was Neues auszuprobieren, darin, als einer der ersten auf den Zug eines zum Mainstream avancierenden Styles aufzuspringen. Sollte ernsthaft jemand den Wunsch nach Individualität innerhalb seiner Peergroup vor die Sehnsucht nach Akzeptanz stellen, hier mein Rat: Nein zur Lederjacke, ja zu apricotfarbenen Hosenanzügen (unisex)!
PS: Wenn das soziologisch noch weiter in die Tiefe geht, muss ich entweder den Hurrelmann ausm Regal holen oder eben kurz zur Tanke, die Studie holen.
Fred says:
Mrz 29, 2009
@Kriz: Das Spielen mit Grenzen und Grenzüberschreitungen eines der Peer Group bzw. ihrer (Sub)kultur immanenten Regelsystems an modischen/sprachlichen Codes ist ja wichtiger Teil der Identitäskonstruktion und Sozialisation adoleszenter Hüpfer.
Sprich: Sie ziehen sich auch mal scheiße an, um ihren eigenen Willen auszudrücken, gliedern sich dann aber wieder ein, wiel wir eben soziale Tiere sind. Props to Hurrelmann, an dieser Stelle.
Deswegen ist die ganze Uniformierungskritik irgendwie doof, weil halt zu kurz gedacht.