Viele fragen sich völlig zurecht: “Wie sieht er eigentlich aus, so ein Tag im Leben eines Hirngerechten?” Denn alle, die denken: So ein Hirngerechter lebt ein Leben gespickt mit purem Glamour, Gratiskoks und goldenem Messerservice!, die irren. Und zwar gewaltig.
Um gängigen Vorurteilen und romantischen Verklärungen den Wind aus den Segeln zu nehmen, bemüht sich die HG um Transparenz und schonungslose Aufklärung. Das sind wir Euch schuldig.

Das bin ich. Moritz E. (Name v. d. Redaktion weitestgehend belassen). Im Hintergrund die Mädels von Pink Floyd am Beckenrand von Seppels Pool in Hürth, 1989.
Und so sieht ein Tag in meinem Leben als Hirngerechter Gestalter aus. Ehrenwort.

5.35 Uhr. Der Wecker klingelt. Die Scorpions trällern: “Wind of Change”. Ich bin sofort wach und erhasche flugs noch einen satten Blick der aufgehenden Morgensonne über den Dächern Kölns. Inspiration pur, siehe Blog.

…hinten raus gibt Gott mir subtile Zeichen. Drohkulisse oder doch nur ein zarter Annäherungsversuch? Der Tag kann kommen, anyway, denn Gott mag Blogger.

6.02 Uhr. Ich verlasse schlaftrunken meine Loft im 12. Stock (Dachterrasse, Südseite, Gasherd), um unten auf der Straße die Kehrseite eines Lebens auf der vermeintlichen Überholspur in all ihrer Härte am eigenen Leibe zu erfahren. Das Auto muss freigekratzt werden (eigenhändig)! Fans haben wieder Schabernack betrieben, die Karre mit Kunstschnee besprüht und die Scheiben mit tollen Schriftzügen beschmiert. Naja, Fans eben.

6.32 Uhr. Geschafft: Firmenzentrale. Das Auto ist geparkt (Johnny übernimmt das Parken seit Januar immer persönlich. Ab der Firmengrundstücksgrenze parkt nur einer: Er! Da ist er eigen). Jetzt schnell rein und die Arbeit kann beginnen. Es gilt schließlich, virtuelle Geschichte zu schreiben.

6.34 Uhr. Kurz noch bei den Kollegen vorbei. Einsatzplan, Termine und Themen für die Woche abklären. Der Außenreporter ist schon gebrieft, Fred übernimmt die Spätschicht im Backend. Es geht Schlag auf Schlag bei der HG: Letzte Woche hieß es “Mann/Frau – Wie lange geht das noch gut?”, diese Woche geht’s um “Klimawandel – Adieu Stress für Kleininseln?”
Wahnsinn, wie geil abgeliefert wird.

7.00 Uhr. Ortstermin auf dem Marktplatz in Chorweiler. Der Außenreporter ist schon da und klärt die letzten Einzelheiten mit dem Umweltamt. Die prekäre Ästhetik der Müllkultur steht auf der Agenda. Skandal dabei: Die jungen Leute heutzutage saufen, ohne anschließend den Müll zu trennen. Darauf müssen wir hinweisen, damit sich etwas ändert. Wind of Change halt.

12.00 Uhr. Mittach. Oder “Mahlzeit”, wie wir hier im Süden der Kölner Innenstadt sagen. Die HG-Kantine tischt satt auf. Die Preise sind wie immer supi und die Fair-Trade-Gerichte, die uns Joél, unser Albino-Tunesier aus Marokko, kredenzt, sind ohne Frage die besten im ganzen Kreis. Humor hat er auch (siehe Foto oben).

13.01 Uhr. Nach der anstrengenden Völlerei geht’s mit der Kutsche drei mal um den Block. Bei unseren publizierenden Freunden der schreibenden und sendenden Zunft nach dem Rechten schauen und Musik für die nächste Ausgabe von “Look out weekend” klauen. Und das völlig CO2-frei. Mehr Consciousness geht nicht!

17.12 Uhr. Für einen guten Blogpost gehen wir dahin, wo es weh tut. Dabei verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz in Richtung “Wildstyle für Herz&Verstand” – so lautet zumindest der Claim (selbsterfunden). Ich bin ganz treuer Diener der guten Sache und verschaffe Horst dem Hasen, der bei einem unserer notwendigen Tierversuche umgekommen ist, ein würdiges, koscheres Begräbnis (Zur Erklärung: Horst ist/war jüdischen Glaubens und hatte nur einen Wunsch vor seinem tragischen Ableben: “Schächtet mich, bevor ich meine letzte Reise antrete!”). So tue ich.
Shalom!

18.03 Uhr. Feierabend. Geschafft vom stressigen Arbeitstag, doch voller Vertrauen in die digitale Zukunft und reinen Herzens steige ich in den gläsernen Aufzug. Endstation Loft. Ich schaue nochmals zufrieden, zugleich besorgt aus meiner Fensterfront: Wird eines Tages jedes Menschenkind hirngerecht sein?
Dann sage ich der Welt und der Sonne leise servus.

0.13 Uhr. Gott spricht zu mir im Schlaf und ich träume von den heißen Modebloggerinnen, die wir on the road mit Hansi Müller (u.r.), Tony Soprano (u. Mitte) und Dieter Hoeneß (o.l.). kennen lernten. Boys will be boys!