Sieht aus wie ein ganz normaler Student: Fred K. hat Angst vor der Geschmacklosigkeit (Foto gestellt).

Fred K. lässt sich nicht unterkriegen, obwohl er erste Symptome von Geschmacklosigkeit an sich erkennt. Er antwortet auf den Schlicksalsschlag mit einer mutigen Entscheidung.

(Köln, Deutschland) Schüttelt man Fred K., Student der Materialpädagogik, die Hand (egal welche), bemerkt man nichts auffälliges: Mittelfester Händedruck, kein Schweiß, gepflegte Fingernägel. Der junge Mann sieht aus wie ein ganz normaler Student.
Er trägt eine Umhängetasche mit dem Emblem einer leicht altmodischen Sportmarke, eine schnieke Brille und wenig Verantwortung. Jeden Tag geht er in die Vorlesung oder Trinken (ausschließlich in die besten Läden), manchmal sogar beides, je nach Laune. Ansonsten liest er schlaue Bücher bzw. gibt vor, sie gelesen zu haben.
Nur im Notfall trinkt er deutschen Wein.
Doch in letzter Zeit nagt ein schrecklicher Verdacht an ihm, der ihn nachts nicht schlafen lässt, ihm Panikattacken beschert, sein Leben auf den Kopf stellt.

“Ich habe solche Angst vor der Geschmacklosigkeit,” klagt Fred, “sie ist einfach überall, sie kommt mir immer näher!”
Seine Stimme wird zittrig, wenn er berichtet: “Oft weiß ich nicht mehr, ob ich noch einen Tag länger durchhalte. Manchmal sehe ich ein T-Shirt von Ed Hardy und denke: Gar nicht so übel.” Mutig schaut er dem Journalisten in die Augen, fest entschlossen, seine Beichte durchzustehen. “Ich denke gegen Viertel nach Acht: Läuft nicht gerade Deutschland sucht den Superstar? Und neulich, als im Radio Mario Barth gesprochen hat, habe ich leise gelächelt.”

“Ich weiß nicht mehr weiter,” gesteht K.

Der anspruchsvolle Student, der von seinen Eltern in bester Absicht zu einem wählerischen Menschen erzogen wurde, lebt seit vielen Jahren ein Leben voller Distinktionsgewinn. Der breite Massengeschmack, berichtet er glaubwürdig, habe ihn nie interessiert. Seit letztem Jahr jedoch fühle er ein seltsames Ziehen in der Brust, wenn er an einem Pimkie-Schaufenster vorbei läuft, kennt die Top 10 der Deutschen Dance Charts, kann den Trailer zu Zweiohrküken auswendig.
Und selbst die Universität bietet keine Zuflucht mehr: “Gerade die langweiligen Studenten tragen so oft hässliche Klamotten,” weiß K.: “Überall Rautenpullis! Und lustige Mützen!”

“Natürlich,” gibt der Musikliebhaber offen zu, “habe ich mal einen Schlager mitgesungen, im Vollsuff – wer hat das nicht? Wir alle experimentieren mal mit diesem Zeug rum, wenn wir jung sind. Aber das bedeutet doch nichts, oder?”
Seine Augen suchen nach Halt, und gleiten doch nur ab in eine Leere, die wir uns nicht vorstellen können.

Karig versuchte lange, seine niveaulosen Anwandlungen zu ignorieren, doch letzte Woche sah er sich gezwungen, sein Schicksal in die Hand zu nehmen: Er hat sich entschieden, dieses Jahr den Kölner Karneval durchzuziehen – mit allen Konsequenzen. “Mickie Krause, Kamellen und betrunkene Sekretärinnen – ich muss wissen, wie es um mich steht. Man muss sich sieinen Ängsten aussetzen, um sie zu besiegen. Entweder ich bin geheilt, oder…”
Seine Stimme verliert sich.

Zusammen mit seinen ortsansässigen karnevalistischen Freunden versucht K. nun, sich mental auf diese Aufgabe vorzubereiten. “Karneval muss nicht sein Ende sein,” so sein Freund Moritz E., der ihn in dieser schweren Zeit betreut, “viele recht geschmackvolle Leute lassen sich da so richtig gehen und treiben´s auf der Straße. Wichtig ist, dass wir jetzt für Fred da sind, wenn er uns braucht.”

Hoffen wir das beste und: Helau Fred.
Alles wird gut.