Protokoll einer Traumreise.

Berlin, 30.05.2009

Es begann mit der Idee, den Abend, das Wochenende – ach, unser ganzes Leben zu etwas Großem, Spektakulärem werden zu lassen. Erst umarmten wir uns auf der Veranda (hinter Fliegengittern). Dann sprachen wir leise hirngerechtes. Es folgte der Gang in den Lebensmittelhandel, wo weitsichtig eingekauft wurde. Auch Alkohol, und auch Cola. Wie dem Bild zu entnehmen, genießen wir unser Vorabendbier gerne kühl und sowieso halten wir uns nur selten mit Kleinigkeiten wie einer ordentlichen Fußkur (Bild weiter unten) auf.


“Cola im Negligée”, unbekannter Künstler, 2001

Da es, wie auf dem Werbeschild hinter der streifenfrei sauber geputzten Glasscheibe klar zu sehen ist, samstags besonders günstig kommt, seine Nägel machen zu lassen, verschoben wir dieses Vorhaben auf Sonntag. Auch weil der Andrang dann niedriger ist; immerhin scheint’s ja obendrauf noch eine fröhliche Fütterung mit allerart Gratisessen zu geben – sowas lassen sich die wenigsten freiwillig entgehen.
Berlin ist voller Schnorrer!

Wer sich einen Eindruck über das an sich recht prächtige Gesamtprogramm des Nagelstudios unseres Vertrauens machen will, kann sich hier durch die angenehm gestaltete Schautafel arbeiten. Wir empfehlen die Gesichtsbehandlung für den Herren:

Nägel hin oder her, was wirklich zählte, war unser Besuch im Berliner Olympiastadion. DFB-Pokal-Finale zwischen dem späteren Sieger Werder Bremen und dem Kölner Vorort Leverkusen. Wir hatten unsere Beziehungen spielen lassen und noch in letzter Minute von Dimitris Tante eine Drehgenehmigung plus anschließender unbegrenzter Rechteverwertung bekommen. Stark!
Fred hat geschwind seinen Aparillo ausgepackt und draufgehalten (Videos folgen). Das Spiel war fabelhaft und die Hymne von Werder Bremen hat dem bei Fußballasffairen sonst eher unterkühlt wirkenden Fred sogar ein Schmunzeln auf die Lippen gezaubert. Er plant bereits einen ausgedehnten Camping-Urlaub am Weserstrand (kommenden August, vielleicht auch September, je nach Wetterlage).


“Die doppelte Autopoeisis der Telemedialität.” Eigene Darstellung nach Luhmann 1946: 8 f.

Nach dem mitreißenden Pokal-Fight sollte es dann rein ins Berliner Nachtleben gehen, wir hatten ja schon dufte Sachen davon gehört. Doch zunächst mussten wir dahin kommen, wo’s brennt. Dazu nahmen wir die Bahn (fährt sich ganz gut soweit).
Am Zielpunkt angekommen, wandelten wir ahnungslos die Treppen des Bahnsteigs (U-Bahn-Station Eberswalderstraße) hinunter wie zwei junge, naive Elfen. Und plötzlich standen wir mitten in einem völlig verrückten Pulk vergnügt tanzender Mitmenschen, die sich ziemlich zahlreich vor dem Kiosk Akuna Matata (s.u.) zusammengefunden hatten. Völlig überrascht, und auch ein wenig verschreckt, bahnten wir uns den Weg durch die tobende Menge (im positiven Sinne, nicht wie damals bei den Boxeraufständen), um uns mit zwei Dosen Tomatensaft und Himbeerpastillen einzudecken.
Wir erkannten flux, dass jener Kiosk mit einem rafinierten HiFi-System und einem durchaus einschlägigen Plattendreher ausgestattet war: Altrocker DJ Hell gastierte an diesem Abend (wohl auch an anderen, wie man uns berichtete) in diesem ungewöhnlichem Etablissement. Eine wirklich außergewöhnliche Erfahrung und auch Atmosphäre für uns unbedarfte Kinder der Eckkneipe! Die Stimmung war gut, fast zu gut, um weiter zu ziehen, jedoch blieb keine Zeit zum Zaudern. Denn wie bereits der gute Herbert Müller-Guttenbrunn richtig feststellte:


“Womit verbringt der Kulturmensch seine Zeit? Mit Warten! Alles wartet hierzulande und heutzutage. Man hat Vergangenheit und Zukunft, aber niemand hat eine Gegenwart, höchstens eine Gegenwarterei. Der Kulturmensch wartet ununterbrochen auf etwas Besseres, auf eine Änderung, er wartet Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr bis zum Grabe, ja selbst im Grabe wartet er noch auf das Jüngste Gericht.”

Abgebildet ist HMG, nicht Dj Hell!

Und hier das Beweisfoto (diesmal noch ohne Ton, ich gelobe Besserung):

Danach passierte nicht mehr viel.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass eine positive Herangehensweise, akribische Planung sund ordentliches Schuhwerk in solchen Nächten mehr als die halbe Miete sind.
Ich rate deshalb jedem: Fahrt nach Berlin und lasst Euch gehen!

(Warum wir den ganzen Scheiss aufgeschrieben haben? Weil alles erstunken und erlogen ist, in Wirklichkeit hatten wir die Striptokokken und mussten das Bett hüten. Deswegen auch nur geklaute Fotos und nix Videos. Ende.)