Eines muss man ihr lassen: Niemand kann so angestrengt unangestrengt wirken wie die Kuttner.
Den gelangweilten Blick des mühevoll unangepassten, von Popkultur und Politik nur peripher beeinflussten (und damit umso hipperen) Scheissegal-Girls mit plakativen Niveau- und Wissenslücken durfte sie wie keine andere perfektionieren und in mehreren ziemlich unausgegorenen Formaten im TV als Markenzeichen vortragen.
Jetzt hat sie ein Buch namens “Mängelexemplar” geschrieben, von dem man hier eine Kostprobe bekommt, und dessen Trailer das wichtigste klärt:
Die Kuttner selbst hat keine Angststörung, die junge Protagonistin dagegen schon. “Wir haben sicher ähnliche Charaktereigenschaften, aber ansonsten ist das Buch nicht autobiografisch.” Schade.
Es trifft also eine vorgeblich “moderne” Sprache der inneren Spurensuche, wie sie schon Roche (mit eleganterer Ironie) oder diverse Comediens (mit mehr Lust an der Pointe) pflegen, auf ein Thema, das gar keinen Spaß versteht. Sich jedoch hervorragend zu selbstreferentiellen, larmoyanten Monologen eignet, die natürlich mit einer pseudo-ironischen Distanz vorgetragen werden, wie es der Kuttner (und leider einer ganzen Generation von Schreibern, siehe Neon) einziges Stilmittel ist. Dabei bleibt der Stil der Reihen- und Minisätze konstant mies, das Vokabular beschränkt und die Tonalität durchweg kumpelhaft anbiedernd. Eine Meta-Ebene, einen doppelten Boden, eine wenigstens angedeutete Distanz sucht man vergebens.
Kurz: Kuttner schreibt wie sie spricht minus grammatische Fehler, und der Lektor durfte wahrscheinlich nur ein paar Satzzeichen korrigieren. Man will ja authentisch bleiben:
“Tschüssi, Frau Dr. Kleve! Viel Glück und viel Spaß mit dem kleinen Racker, bei Ihrem Job wird der sicher aufs Allerbeste erzogen, hahaha, wir beide werden uns ja wohl nicht so schnell wiedersehen, hahaha, na, besser ist das auch, nicht wahr, hahaha.” So sieht dann ein innerer Monolog á la Kuttner aus.
Die aktuelle Immunschwäche des deutschen Buchmarktes, die traurige Tatsache, dass kein Dampfplauderer und keine Laberbacke von klammen Verlagen abgehalten werden kann, ihre mediokre Gedankenwelt in mangelhafter Form unters Volk zu bringen, zeigt hier ihren nächsten juckenden Ausschlag. Denn natürlich ist die Medienpräsenz der Kuttner nun beträchtlich, sie darf in unzähligen Interviews erklären, wie intensiv sie sich auf ihr Thema vorbereitet hat (“Ich hatte auch schon mal Panikanfälle. Das hat beim Schreiben sicherlich geholfen.”) und warum sie ganz ganz anders ist als die Roche.
Sie weiß auch, dass wir zwar “immer alle so aufgeklärt tun“, aber doch “altmodisch verklemmt” sind, wenn es um die Probleme der Psyche geht, und da ist ein Buch einfach fällig. Ausgerechnet von einer Musik-TV-Moderatorin, die jetzt selbstzufrieden ob ihres Job-Enrichments und ihrer neuen Existenz im Feuilleton noch mehr Gedanken mit uns teilen werden darf.
Die sind jedoch, genau wie ihr Buch, so unzulänglich, reflektionsschwach und prätentiös, dass ich langsam aber sicher in eine ganz eigene Angstspirale abgleite. Roche, Kuttner… wer wird der nächste sein? Markus Kavka? Anastasia?
Mola Adebisi?
4 comments
Schwegi says:
Mrz 23, 2009
Die wichtigste in der Angstspirale noch vergessen: Gülcan!
Wobei man darüber eigentlich garnicht nachdenken mag!
Fred says:
Mrz 23, 2009
Jetzt hast Du´s ausgesprochen…
Die macht aber wenn dann ein Hörbuch.
mo says:
Mrz 23, 2009
Ich seh’s kommen, irgendwann greift noch ein Marco Schreyl zu Feder und Papier und schreibt über seine heimliche Dreiecks-Intimbeziehung mit Carsten Spengemann und Dirk Bach. Das Buch wird dann “Mein RTL – So feiern nur wir” heißen.
Seba says:
Mrz 23, 2009
Und der Mola (zuletzt gesehen auf Gülcans Hochzeitsparty) muss wieder als Quotenschwarzer herhalten . Pfui !
Und ich dachte Spenge hätte nach Ärger mit dem Gericht seine Identität gewechselt und gibt sich nach einem operativem Eingriff als Marco Schreyl aus – Pustekuchen !